Mental Load und Familienmanagement
Was meint „Mental Load“?
Immer öfter ist in Debatten zu Geschlechtergerechtigkeit vom Begriff Mental Load die Rede. Mental Load meint das Denken, Planen und die Verantwortungsübernahme für Aufgaben in den Bereichen Familie und Beziehung. Darunter fallen zahlreiche wichtige Alltagsaufgaben, die Frauen – und insbesondere Frauen mit Kindern – oft „unbemerkt“ nebenher erledigen: Wer plant den Arzttermin der Kinder? Wer bereitet den Familienurlaub vor? Wer putzt das Haus? Wer holt die Schwiegermutter vom Bahnhof ab? Wer organisiert das nächste Familientreffen? Wer kocht beim Treffen mit Freundinnen und Freunden? Wer besorgt das Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag? Und wer kümmert sich um einen guten Kontakt zu den Nachbarinnen und Nachbarn? Meist sind es Frauen, die für all diese Fragen (und noch viel mehr) zuständig sind. Aber nur selten wird explizit darüber gesprochen. In den allermeisten Fällen wird dieses Alltags- bzw. Familienmanagement weder gesehen noch gewürdigt. Stattdessen wird es – wie auch andere Care-Tätigkeiten – als selbstverständlich hingenommen. Frauen erledigen das Familienmanagement neben all den anderen Aufgaben, die Beruf und Freizeit mit sich bringen.
Mental Load: neuer Begriff für alte Rollenbilder
Die Tatsache, dass bisher wenig darüber gesprochen wurde, wie fordernd diese Management-Tätigkeiten sein können, heißt nicht, dass es sich dabei um ein neues Phänomen handelt. Für Frauen ist es oft sehr belastend all diese Checklisten und Aufgaben im Kopf zu haben. Sie fühlen sich häufig ermüdet und erschöpft. Außerdem bringt es eine ungleiche Dynamik in Paarbeziehungen. Viele Frauen haben deshalb auch das Gefühl, dass sie mit dem Begriff Mental Load etwas benennen können, was davor gar nicht so fassbar war.
Nicht nur Frauen mit Kindern erleben das Gefühl der mentalen Überlastung. Meist verstärkt es sich aber nach der Geburt eines Kindes. Dann werden klassische Rollenverteilungen noch stärker und der Arbeitsaufwand in der Familie größer. Auch in gleichberechtigten Beziehungen verschiebt sich die Verantwortung für Familien- und Care-Arbeit nach der Geburt oft in Richtung der Frauen.
Werden Paare Eltern, gehen immer noch in erster Linie die Mütter in Karenz. Nur ein Prozent der Väter geht länger als sechs Monate in Karenz. Nach der Karenz arbeiten über 72 Prozent der Mütter in Teilzeit, aber nur 7,3 Prozent der Väter. Karenzzeiten bedeuten gleichzeitig oft Einkommenseinbußen und eine Verschlechterung der Karrierechancen für Frauen. Damit kommt es zu einem Ungleichgewicht, indem Männer weit mehr zum ökonomischen Familieneinkommen beitragen, während Frauen vor allem die Verantwortung für die emotionale (Care-)Arbeit zukommt. Diese Ungleichverteilung festigt alttradierte Rollenbilder, mit denen junge Familien oft gar nicht zufrieden sind. Viele Paare möchten ihre Beziehung heutzutage gleichberechtigt gestalten. Dafür müssen auch Themen wie der Mental Load angesprochen werden.
Projekt Mental Load und wirklich gleichberechtigte Elternschaft
Die Beratungsstelle Frauen* beraten Frauen* greift deshalb in einem aktuellen Projekt genau dieses Thema auf. In Vorträgen benennen die Expertinnen und Experten der Beratungsstelle die Geschlechterungerechtigkeit, die der Mental Load mit sich bringt und arbeiten in Workshops mit Paaren an wirklich gleichberechtigten Modellen der Aufgabenverteilung. Damit soll der ungleichen Verteilung von Verantwortung in der Familie – und der mentalen Überlastung von Frauen – entgegengewirkt werden.